Seitenblick

Die Immobilie des Seitenblicks scheint ein wenig "verhext" zu sein. Ich bin ein paar Häuser weiter aufgewachsen und habe nun mehrere Restaurants und Pächter mitbekommen - bislang gefallen hatte mir am Besten immer das Wilhelmsstein. In den letzten beiden Jahren versuchte sich dann die "Heimat", ein Konzept, was mich gar nicht überzeugen konnte.

Seit November hat nun der Seitenblick geöffnet. Wer oft in Essen ist oder aus Essen kommt, kennt die Gastronomie vielleicht schon. Der Inhaber stammt aus dem Schwarzwald und bietet laut Website "süddeutsche, aber auch regionale Gerichte mit internationalem und auch modernem Einfluss" an. Ich hatte bislang viel von dem großen Angebot an Flammkuchen gehört!

Gestern war es dann soweit, wir wollten spontan und ungezwungen Essen gehen und sind im Seitenblick gelandet. Wir kennen den Gastraum jetzt mit unterschiedlichen EInrichtungen und in immer verschiedenem Ambiente. Es wurde nicht sehr viel gemacht (was nicht schlecht ist) - jedoch fand ich es extrem dunkel, leider recht kalt und ungemütlich. Eine sehr freundliche junge Dame führte uns in den hinteren Bereich des Restaurants. Musik kam sehr leise aus den Boxen, es waren zwar einige Tische besetzt, jedoch war es für mich fast unangenehm ruhig. Wenn man sich am Tisch viel unterhält, will man natürlich keine benachbarten Tische mitunterhalten... Soweit so gut, als wir saßen kam ein Kellner der uns die Karten reichte und uns leider schon in diesem Moment signalisierte, dass er keine Lust auf uns hatte. Er drückte uns die Karten ohne Kommentar in die Hand und sagte "schon was trinken?" - ähm Okay... ich habe kein Problem damit geduzt zu werden, das ist nunmal in manchen Gastronomien üblich, wenn der Service mich lieber siezen will, ist das auch gut. Aber irgendeine Form der Anrede sollte man schon benutzen oder wenigstens dabei Lächeln.
Naja egal- jeder hat mal ein paar schlechte Momente, deswegen machten wir uns zunächst nichts draus. Leider ging es jedoch den kompletten Abend so weiter. Die Dame, die uns reingebracht hatte sowie ein anderer Kellner schienen weitaus mehr Empathie für die Gäste zu pflegen - Schade!

WIr bestellten zur Vorspeise einmal eine Dipvariation und Seitenblicks Happen, bestehend aus gebackenen Kürbis-Bällchen, Dörrapfel im Speckmantel, Bergkäse-Würfel und würzig kandierten Haselnüssen. Dazu hatten wir einen sehr trockenen, sehr gut gekühlten Riesling. Die Vorspeise war sehr lecker, hat gar nicht nach 08/15-Gerichten geschmeckt und auch das Brot (vermutlich selbstgebacken) war sehr sehr gut! Allerdings haben wir doch recht Lange für solche einfach vorzubereiteten Sachen gewartet.

Zur Hauptspeise hatten wir 2mal den Grünkohl mit Speck, einmal bayrischen Michel (Leberkäse mit Spiegeleiern) und einen Salat mit Rinderfiletstreifen. Da auf der Karte auch Roastbeef stand, hatte ich gefragt, ob man dieses statt den Filetstreifen haben könnte. Aber leider überforderte das den Kellner ein wenig - schade, in anderen Restaurants ist das kein Problem.
Das Fleisch war dennoch sehr gut, auf den Punkt gebraten und gewürzt. Der Salat war frisch, bis auf ein paar Scheibchen Apfel und Birne leider fast nur Blätter gab es jedoch leider kaum andere Rohkost. Das Dressing (Honig-Senf) war auch gut. Den Preis fand ich jedoch sehr übertrieben! Der Salat kostete 10,60 (ein paar Blätter?) und das Fleisch nochmal 6,60 - macht 17,20€ für eine recht übersichtliche Portion.
Der Grünkohl kam leider ganz anders als erwartet. Wir hatten uns richtige Hausmannskost erhoft. Eingekochten Grünkohl mit Kartoffeln und Speck, ein großer Teller voll, schön lange durchgezogen. Es kam jedoch ein Gericht, was zwar nicht schlecht schmeckte, jedoch nichts mit dem typischen Grünkohl zu tun hatte. Doof für uns gelaufen, wahrscheinlich war das Absicht, uns jedoch nicht ganz bewusst - jedoch kann man hier der Küche keinen Vorwurf machen. Was jedoch sehr schade war, war die Portionsgröße, die ebenfalls doch sehr übersichtlich war.
Der bayrische Michel war mit nicht einmal 10€ ordentlich portioniert.

Alles in Allem war das Essen wirklich gut, das Preis-Leistungsverhältnis sehe ich jedoch insbesondere für die Lage nicht als gerechtfertigt an. Auch wenn Bochum Stiepel zu den "besseren" Stadtteilen Bochums gehört - selbst in Düsseldorf (wo ich seit ein paar Jahren wohne) kann ich günstiger und mindestens genau so gut essen.

Ich würde mir wünschen, dass ein wenig am Ambiente und den Portionen gearbeitet wird und schlecht gelaunte Servicekräfte erst gar nicht zur Arbeit erscheinen. Dann komme ich bestimmt wieder und probiere einen Flammkuchen, denn die Auswahl ist groß und (ich habe auf den Nebentisch geschielt) die Gerichte sehen wirklich sehr gut aus!

Dem Seitenblick-Team wünsche ich dennoch viel Erfolg!